Kaum hat die Wintersession des neu gewählten nationalen Parlaments begonnen, folgten bereits die ersten Paukenschläge. So wurde flugs beschlossen, das ohnehin schon absurd hohe Armeebudget noch einmal zu erhöhen (für was konkret, weiss niemand so genau). Um unsere Lebensgrundlagen – zum Beispiel unser Ökosystem – tatsächlich zu schützen, reicht das Geld dann halt leider nicht mehr. So wurde nach langem hin- und her nun selbst der moderate Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative vom Ständerat abgelehnt, primär aus Kostenüberlegungen.
Der Schutz der Artenvielfalt: Dieses Thema scheint in der Debatte um Klima- und Umweltschutz bisher zu kurz zu kommen. Dass der Ausstoss von Treibhausgasen reduziert werden muss, um die Klimakrise zu bremsen, haben mittlerweile die allermeisten, selbst bürgerliche Politiker*innen, anerkannt. Dass täglich unzählige Tier- und Pflanzenarten aussterben und dies eine ebenso grosse Bedrohung für unseren Planeten darstellt, wird hingegen weniger debattiert. Exemplarisch zeigte sich dies etwa, als im letzten Jahr gefordert wurde, Naturschutzbestimmungen zu lockern, um schneller neue Solarkraftwerke bauen oder Stauseen erhöhen zu können.
Doch eine Studie von Greenpeace kam zum Befund, dass in den vergangenen Jahren 35% aller Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz verschwanden oder stark dezimiert wurden. Im Modell der planetaren Grenzen, das alle Komponenten eines funktionierenden Ökosystems abbildet, wurde der Biodiversitätsverlust auf den Faktor vier beziffert. Das heisst: Es sterben momentan viermal so viele Arten aus, wie es ein intaktes Ökosystem langfristig ertragen könnte. Dabei steht sogar als Forderung in der Bundesverfassung, Tier- und Pflanzenarten vor dem Aussterben zu bewahren. Davon sind wir also meilenweit entfernt!
Genau dies möchte die vor drei Jahren eingereichte Biodiversitäts-Initiative ändern. Da der Bundesrat diese nicht goutierte, wurde ein Gegenvorschlag erarbeitet. Dieser fordert, dass die Biodiversität verstärkt auch in Siedlungsgebieten gefördert und bestehende artenreiche Flächen aufgewertet und stärker vernetzt werden sollen, statt zusätzliche Flächen dafür zu erschliessen. Damit wurde vor allem auf Wünsche von Landwirt*innen eingegangen, deren Land natürlich stark davon betroffen ist.
Für den Schweizer Bauernverband ging jedoch selbst das zu weit, und so war die Ablehnung vor allem seinem grossen Einfluss zu verdanken. Es ist schon absurd: Diejenigen, die von Berufes wegen am meisten von einer intakten Umwelt abhängig sind, stellten sich aktiv dagegen.
Somit wird es im kommenden Herbst zu einer Volksabstimmung über die ursprüngliche Initiative kommen. Angesichts der Mobilisierungsmacht, die der Bauernverband in den letzten Jahren bereits bei mehreren ähnlichen Vorlagen bewiesen hat, dürfte das Anliegen einen schweren Stand haben. Umso wichtiger wird es sein, sich als Linke geeint dafür einzusetzen, um unsere Lebensgrundlage in die Zukunft zu retten.
Luca Sulzer, Co-Präsident und Mitglied der Geschäftsleitung Junge Güne Zürich